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aw: steckengeblieben in china   guter beitrag schlechter beitrag
frustrierter
06-aug-06
sorry, dass ich leider noch etwas hinzufuege. Aber es ist interessant. Ich habe einen Artikel im HR Asia (oder so aehnlich) gelesen, in dem ein bekannter HR-Manager seine Erlebnisse an einer der Top-Unis in China beschreibt.
Er machte ein Spiel mit den chinesischen Topstudenten: Er denkt sich etwas aus, einen Gegenstand. Und die Studenten mussten nun herausfinden, was sich der Manager ausgedacht hat. Sie durften 20 Fragen stellen, um sozusagen den gedachten Gegenstand einzukreisen und zu erraten. Der Manager durfte nur mit Ja und Nein antworten.

Und dann ging es los:
Ist es rot? Nein
Ist es ein Fernseher? Nein
Ist es ein Auto? Nein
Ist es nass? Nein

Und nach 9 Fragen gaben alle Topstudenten auf und draengten den Manager darauf hin, ihnen den Gegenstand zu nennen, an den er dachte bzw. den er auf einen Zettel stehen hatte.

Der Manager sprach davon, dass in China die Studenten alles stur auswenidg lernen. Die Antworten werden auswendig gelernt. Keiner lehrte die Studenten, die richtigen Fragen zu stellen. Sie sind ueberfordert! Sie geben schnell auf, wenn sie keine passende "Antwort" haben. Es fehlt auch ein bisschen an der zielgerichteten Neugier, warum etwas so ist und wie es funktioniert. Soviel auch zum gesunden Menschenverstand!

@without a cause
verstehe ich nicht ganz, deine Theorie. Kannst Du bitte das erklaeren?

Nebenbei: Japanisch kann man in lateinischen Buchstaben schreiben....Hat sich Japan an seine "Umwelt" besser angepasst?
 
 
aw: steckengeblieben in china   guter beitrag schlechter beitrag
Marlow
06-aug-06
"Japanisch kann man in lateinischen Buchstaben schreiben...."

Kann man nicht. Kein Japaner würde auf die Idee kommen Japanisch in Romanji zu schreiben. Das ist nur eine Lernhilfe, genauso wie 拼音.
 
 
aw: steckengeblieben in china   guter beitrag schlechter beitrag
Marlow
06-aug-06
"Die Ausrede: Kulturrevolution ist am allen Schuld, ist mir zu billig."


Was wissen Sie denn über die Kulturrevolution? Ist für Sie Holocaust auch sowas wie eine Ausrede? Urteilen Sie nie über Sachen, die Sie nur von Hören und Sagen kennen und deren Ausmaß ihre Vorstellungskraft bei weitem sprengen.

Habt Ihr von den "Ochsenteufeln und Schlagengöttern" gehört? Das waren der "missing link", den Ihr hier so verzweifelt suchen.
 
 
aw: steckengeblieben in china   guter beitrag schlechter beitrag
Frieder Demmer
06-aug-06
Zunächst war die chinesische Geistesgeschichte denke ich nicht per se statischer als die Europäische - auch wir unterhalten uns noch über sokratisches und platonisches Denken, gehen, wenn es ans eingemachte geht also auch zurück in die Antike.

Maos Vorgehen stellt für mich auch gar keinen so außergewöhnlichen Schnitt dar - nicht bezogen auf die betroffenen Individuen, sondern auf die chinesische Geschichte. Mao zelebrierte für meinen Eindruck viel mehr ab dem Punkt, an dem der Machterhalt für ihn in den Vordergrund rückt absolut tradiertes dynastisches Machtverhalten.

Der Austausch annähernd der kompletten geistigen Eliten mit den Dynastiewechseln, der nicht selten mit der Vernichtung großer Bestände an Literatur und Aufzeichnungen einherging - und sei es, dass durch die Einführung neuer Schriftsysteme nicht Zerstörtes für die nächste Generation unleserlich wurde - ist eine durchgehende Tradition im kaiserlichen China.

Die Rolle der unterschiedlichen Umgänge mit Zeit im chinesischen und in europäischen Sprachen finde ich spannend. Bei uns verändert die zeitliche Dimension den kompletten Umgang mit einer Situation, greift zutiefst ein, in deren Beschreibung - im Chinesischen scheint sie dagegen nur ein gleichberechtigter Parameter unter vielen: Ob ich die Zeit verändere spielt im chinesischen keine andere Rolle, als wenn ich den Ort verändere. Ob damit impliziert ist, dass Chinesen per se von weniger "Entwicklung" ausgehen, da die "Dinge" unabhängig von der Zeit existieren kann aber letztlich nur gemutmaßt werden.

Weiterhin für nicht richtig halte ich die these, dass Chinesen weniger lernfähig seien. Keines der genannten Beispiel sticht wirklich, hätte keine Prallele im Westen.

Hier ist für mich entscheidender welchses Ausmaß an Veränderung auf welche Menge an Menschen trifft. Bezieht man das ein, scheint mir die Anpassungs- und damit auch Lernfähigkeit der Chinesen unglaublich.
 
 
aw: steckengeblieben in china   guter beitrag schlechter beitrag
Frieder Demmer
06-aug-06
Die Problematik der höheren Bildung ist offensichtlich - hier auch schon wiederholt angesprochen worden - und soweit ich weisß auch auf chinesischer Seite erkannt und im Rahmen des Eliteförderungsprogrammes angegangen - wie wirksam wird sich zeigen.

Die Lernstrategien der meisten Chinesen führen m.E. direkt auf den Spracherwerb zurück, der nur über Auswendiglernen möglich ist. Das können die meisten Chinesen einfach sehr gut - wie mittlerweile die meisten Westler sehr schlecht :-).

YZD hat die Diskussion auf das Thema Frust zurückgeführt:

Kann es sein das der Kern des China-Frustes in der gewaltigen Größe Chinas liegt?

In dem Punkt zu realisieren, ein WIE kleines Licht man in diesem Land ist - selbst als Laowai, Expat, CEO wie auch immer?

In der Erkenntnis, dass im Zweifelsfall einen immer dieses Land bewegt, und nicht etwa man selbst dieses Land?

Eine Erkenntnis, die tatsächlich Zeit braucht, da man scheinbar ja erstmal viel mehr bewegt als daheim... .

Kern meines persönlichen Frustes ist übrigens gerade die Anzahl der bemerkten Zeichendreher im vorhergehenden Post :-).
 
 
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mitbewohner
06-aug-06
@Marlow
Wenn wir schon Holocaust und Kulturrevolutuion vergleichen, was inhaltlich nicht zulaessig, von der Funktion her schon, dann sei mal kurz darauf verwiesen, dass der Holocaust nicht alle Menschlichkeit ausgeloescht hat. Sonst wuerden wir z. B. nicht solche Diskussionen fuehren koennen.
Nein, der Holocaust ist nicht entschuldbar.
Zumindest hat Hannah Ahrendt sehr genau die Funktionsweisen totalitaerer Herrschaftsformen erklaert.

Am Nachmittag habe ich noch mal ueber die Diskussion nachgedacht. Der entscheidende Punkt scheint zu sein, als die Legalisten dazu uebergegangen sind, ihre Wunschvorstellungen mit Strafen statt mit Erziehung durchzusetzen. Kann mir da mal jemand ne Nachhilfestunde geben? YZD?

@FD
Nein, Groesse ist mit Sicherheit kein Punkt. Denn gerade als Laowai erlebt man China eher in einer herausgerueckten Stellung. Und groesse erklaert nix. Frust kommt von Sachen, wie die, die ich heute Mittag wieder gesehen habe: Um 1 mittags wird der Rasen am PPl Square gesprengt.... Und das in einem Land, das Probleme hat, seine Bevoelkerung mit sauberen Trinkwasser zu versorgen.
 
 
aw: steckengeblieben in china   guter beitrag schlechter beitrag
Marlow
06-aug-06
@mitbewohner

ich verurteile lediglich Deine Bemerkung über die Kulturrevolution, bei der einen respektlosen Unterton gewaltig mitschwingt. Gleiches kenne ich auch von Holocaust-verleumder. Es war natürlich keineswegs meine Absicht, diese beiden "Glanzleistungen" der Menschheitsgeschichte inhaltlich in irgendeiner Weise miteinander zu vergleichen.
 
 
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Frieder Demmer
07-aug-06
@Mitbewohner:

Es wird nicht ganz klar, ob Du von Dir sprichst, oder Allgemeines ausdrückst. Wenn für Dich selbst die angesprochenne Themen keine Rolle spielen, dann ist das so, und wohl nicht zu diskutieren - sollten die Aussagen allgemeineren Charakter haben zwei Anmerkungen:

"Denn gerade als Laowai erlebt man China eher in einer herausgerueckten Stellung."

Und irgendwann bemerkt man eben, dass diese Stellung so herausgerückt gar nicht ist, dass man in China als großer Manager manchmal machtloser ist als in Deutschland irgendwo in der Linie.

"Und groesse erklaert nix."

Ob Size mattered oder eben nicht ist eine beliebte Diskussion :-) - im Bezug auf Veränderungsmanagement im weitesten Sinne wäre ich allerdings schon interessiert, wie Du herleitest, dass Größe und Komplexität keine Rolle spielen.
 
 
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mitbewohner
07-aug-06
@FD
Ich habe ganz bewusst nicht "herausragend" benutzt. Ich wollte lediglich ausdruecken, dass man als Laowai, ob man will oder nicht, ne "Sonderstellung" geniesst. Will meinen: Wir sind hier Auslaender, wir haben bestimmte Rollen und wir koennen hier Erfahrungen und Erlebnisse, die wir in D so nicht machen koennen.

@marlow:
Es geht um die Funktion der Kulturrevolution im geistesgeschichtlichen Kontext. Ich glaube nicht, dass sie als Erklaerungsansatz taugt.
 
 
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Marlow
07-aug-06
@mitbewohner

solange du den Begriff "Ochsenteufeln und Schlagengötter" von Mao nicht kennst, bist Du kaum qualifiziert die geistesgeschichtliche Auswirkung, die die Kulturrevolution hinterlassen hat, in irgendeinerweise zu beurteilen.
 
 
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mitbewohner
07-aug-06
@marlow
ich kann dich beuhigen, diese Begriffe sind mir bekannt
 
 
aw: steckengeblieben in china   guter beitrag schlechter beitrag
YZD
07-aug-06
@ Mitbewohner

Legalisten, Konfuzianer, Mohisten, Daoisten, keiner blieb bei der ursprünglichen, reinen, wahrhaftigen Lehre. Es hat in China auch nie einen Kampf um die absolute Wahrheit gegeben, so wie dies in manchen religiös geprägten Gesellschaften war und ist . Der Wettbewerb um die Macht oder zumindest das Ohr der Mächtigen wurde mit allen Mitteln geführt. Schriften wurden gefälscht, Konkurrenten verleumdet oder gemeuchelt. Die intellektuelle Elite war selten weltfremd und stets machtbewußt. So muß man die Schriften Satz für Satz durchgehen, denn konfuzianisches Gedankengut findet sich auch in nicht konfuziansichen Schriften und umgekehrt. Und auch im Laufe der Jahrhunderte wurden neue Ideen aufgegriffen, alte weiterentwickelt und so reagierte man stets auf neue Herausforderungen. Wer mag kann ja einmal bei den Schriften der sogenannten Neokonfuzianer dieser Aussage nachspüren. Statisch ist China nur für die, die es nicht kennen. Nur wer genau hinschaut wird erkennen, wie es überall gebrodelt hat und manchmal überkochte.
Das Recht war in China Strafrecht und Verwaltungsrecht. Die Gesetzbücher der Tang, Song, Ming und Qing sind Höhepunkte der Gesetzgebung. Das Interesse des Staates war der Machterhalt und die Steuereinnahme. Das Mittel war die Verwaltung. Darüberhinaus gab es kein Interesse des Staates, das Leben der Menschen zu reglementieren. Ordnung mußte sein, der Steuern und der Macht wegen. Jenseits dieses Anspruchs gab es kein Interesse an einem Zivilrecht oder einem Handelsrecht. Ein Individuum gab es nicht! Vergessen wir auch nicht, daß die Zahl der Beamten und Anwärter sehr, sehr klein war. Schätzungen liegen bei maximal 1% Anteil an der Gesamtbevölkerung. Daher bedurfte es anderer Mechanismen, um die Masse zu ordnen, egal ob sie nun als Familie, Clan oder Dorfgemeinschaft zu ordnen war. In der Analyse mag man diese Bereiche auseinanderhalten wollen, in der Realität gab es zahlreiche Berührungen.
YZD 1
 
 
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YZD
07-aug-06
Als ein Beispiel möchte ich das "shengyu" des Kangxi Kaisers von 1670 nennen. Dieser Text ist ein Klassiker des Konfuzianismus, verfaßt von einem mandschurischen Kaiser und wurde in den Dörfern verlesen. Die Alten durften sich setzen, alle anderen mußten stehen und hören, was der Kaiser zu sagen hatte. Anwesenheit war Pflicht.

Vielleicht halten wir hier einmal inne und fragen uns, was uns denn frustriert. China bleibt auch als gegenwärtiges China dem fremd, der die Geschichte und die Sprache nicht kennt. Wer die großen Gedanken und Verwirrungen der Geschichte nicht kennt, der weiß nie, wo er heute steht. Die allermeisten werden Fremde bleiben. Auch diejenigen, die chinesische Lebenspartner oder halbchinesische Kinder haben, werden immer mit einem Maß an Fremdheit konfrontiert bleiben. Dies muß erschrecken und es erschreckt gerade die, die die ersten Schichten der Zwiebel schon gelöst haben. Jede Auseinandersetzung damit ist persönlich und privat. Und diejenigen, die die chinesische Sprache gelernt haben, wissen, daß privat (si) auch die Bedeutungen illegitim und verboten hat. Das ist ein Dilemma. Ein Individuum (als Träger von Rechten und Pflichten) in China ist ein Dilemma. Man schaue sich nur einmal die Begriffe an, die im Chinesischen für "ich" stehen. "Ich" ist das häufigste Wort im Munde eines Ausländers. Für einen Ausländer in China ist dieses Dilemma fast nicht aufzulösen. Der Frust wird bleiben ... oder man arrangiert sich.
YZD 2
 
 
aw: steckengeblieben in china   guter beitrag schlechter beitrag
Marlow
08-aug-06
@mitbewohner

"ich kann dich beuhigen, diese Begriffe sind mir bekannt"

Das ist mir jetzt zu "billig" :)
 
 
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Marlon
08-aug-06
Bei Google bringt das Suchwort "Ochsenteufel" genau einen Eintrag, auch "Schlangengötter" in Verbindung mit "China" gibt nicht viel her.
Kann die Begriffe mal jemand erläutern oder einen Link posten oder zumindest mal die Wörter ins Chinesische übersetzen.
Danke
 
 
aw: steckengeblieben in china   guter beitrag schlechter beitrag
Marlow
08-aug-06
"Ein Individuum gab es nicht!"

das soll jetzt aber bitte nicht bedeuten, dass die Menschen in China alle kollektivistisch denken und gar keinen Hang zu Individualismus besitzen. Sonst wären 水浒, 红楼梦 und Co. nicht die Klassiker schlechthin. Es ist doch sehr verwunderlich, dass in einem Land mit einer derart authoritären Vergangenheit Banditen und Gesellschaftsunfähige in der Literatur als Helden gefeiert werden.
 
 
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frustrierter
08-aug-06
sind wir boesen kapitalistischen laowais "niugui" und "sheshen"?
 
 
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mitbewohner
08-aug-06
@marlow
ob billig oder nicht, ich kann es im moment nicht aendern. Ich bin vollgepackt diese Woche und muss erst mal aus der Diskussion aussteigen.
Masslow laesst gruessen...
 
 
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Marlow
08-aug-06
@mitbewohner

auch eine Methode sich von der Diskussion zu verabschieden...
 
 
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yanggui
08-aug-06
@marlow
meine güte, nun mach doch mal nicht so nen zirkus um den terminus "ochsenteufel", so als hättest du da den stein der weisen gefunden

und wenn man den begriff schon einführt, kann man ihn gerne auch erläutern, wenn schon explizit danach gefragt wird

also: ochsenteufel und schlagengötter waren während der kulturrevolution abwertende bezeichnungen für intellektuelle und gut ausgebildete menschen, die es auszumerzen galt. es wurde also letztlich die kultivierte persönlichkeit als solches dämonisiert

im hiesigen diskussionszusammenhang halte ich dabei vor allem die verteufelung von bildung an sich für problematisch bzw. auf dauer schädlich. die reine bekämpfung einer bestimmten anschauung hätte wohl anders geartete folgen, solange eine glaubwürdige neuorientierung erfolgt
dies geschah eben nicht

den fehlenden individualismus bzw. das ausbleiben einer aufklärung halte ich auch für den entscheidenden punkt. entsprechende ansätze gab es ja, man denke nur an liang qizhao oder kang youwei, die allerdings ohne grossen erfolg geblieben sind. damit fehlt dann aber letztlich auch, die fähigkeit, zur kreativen auseinandersetzung mit fragwürdig gewordenen bzw. in frage stehenden wertesystemen und zur neuorientierung ohne vorgabe.

die beliebtheit der shuihuchuan etc. als beleg für existierenden individualismus zu nehem, halte ich für untauglich. sie spiegelt doch wohl eher eine diffuse bewunderung für leute, die unkonventionell sind, wieder, bei der der bewundernde froh ist, sich nicht aus dem sessel erheben zu müssen.
 
 
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