Nachdem Xian auch am dritten Tag noch immer nicht essen wollte, nahm sein Vater ihn erneut bei der Hand. "Komm, mein Junge, wir wollen den alten Mann an der zerbrochenen Brücke besuchen. Ich will jetzt wirklich wissen, was es mit dem kleinen Jiao Zi auf sich hatte, den du am letzten Sonntag gegessen hast." Es war wieder kühler geworden. Frischer Schnee bedeckte die Brücke. Wieder stand da der heiße Kessel des alten Mannes. Der Duft frischer Jiao Zi erfüllte die Luft und wieder scharten sich viele Leute um das dampfende Gefäß. "Sonderbar", sprach der alte Mann hinter dem Kessel bedeutungsvoll. "So ein Jiao Zi gibt es höchstens ein Mal in tausend Jahren. Niemand weiß ganz sicher, welche Wirkung es entfalten kann." Vater Xi stand der Sinn wirklich nicht nach solchen rätselhaften Sprüchen. Sein Junge wollte nicht mehr essen - rasche Hilfe war dringend geboten. Bevor er jedoch etwas erwidern konnte, ergriff der alte Mann den Jungen, hob ihn laut lachend hoch und hielt ihn kopfüber über den Rand der Brücke. Dabei fiel der Jiao Zi aus dem Hals des Jungen in das Wasser - frisch und duftend wie vor drei Tagen. Augenblicklich kehrte Xians Appetit zurück, so als wäre nichts gewesen. Verwundert doch zufrieden ging Herr Xi mit seinem Sohn nach Hause, ohne jedoch erneut einen Jiao Zi zu bestellen. Dies ist die Vorgeschichte. In der chinesischen Mythologie finden sich verschiedene Abwandlungen dieser Begebenheit. Manchmal fehlt Sie ganz. Helmut Matt; geboren 1960 in Schiltach im Schwarzwald. Magister für Germanistik, Philosophie und Geschichte. Informatiker, freier Schriftsteller. Zahlreiche Publikationen, Aufsätze, Radiobeiträge, Reiseberichte, überwiegend bei internationalen Radiostationen. Mehrfache Prämierungen und Sonderpreise, darunter CRI Beijing, Polski Radio, Radio Prag, TRT Ankara, Radio Bulgarien und Radio Rumänien International. Link zur Website des Autors www.helmutmatt.de Direktlink zum Buch "Im Zauber der weißen Schlange"
|
(noch keine kommentare gepostet) |
neuer kommentar: | |
---|---|