Seite vier, Metro. Nur eine Zeile Text, der Rest Foto. Hochhäuser im Hintergrund, Asphalt vorne und in der Mitte eine Gruppe Menschen vor einer Polizeiabsperrung. Chinesinnen und Chinesen, westliche Männer und Frauen. Businesstypen. Anzug, Hemd, Krawatte die Männer, ausnahmslos die Jacketts ausgezogen und in der Hand oder auf dem Arm. Bluse und Rock die Frauen. Ihre Blicke auf die Absperrung. Hinter der Absperrung Polizisten und ein Krankenwagen. Die eine Zeile Text: Deutscher Expat totgeprügelt. Auf der nächsten Seite der Bericht. Palmer überflog ihn. Demzufolge war der deutsche Expat Robert B. am Tag zuvor während der Mittagspause, die er zusammen mit Arbeitskollegen draußen vor dem Gebäude verbrachte, von einem Mann mit mindestens zehn – manche Zeugen sagten fünfzehn, einer sagte über zwanzig – Schlägen mit einem Bambusstock getötet worden. Der Täter, ein Chinese, wäre auf die Gruppe zugekommen, hätte sofort zugeschlagen, dann geschrien, der Deutsche hätte eine Affäre mit seiner Freundin und weiter zugeschlagen, obwohl sich Robert B. nicht mehr bewegte. Der Täter hätte dabei auf eine der Chinesinnen aus der Gruppe gezeigt. Die Chinesin hätte später bei der Polizei ausgesagt, dass sie den Täter nicht kannte und nie zuvor gesehen hätte, geschweige denn seine Freundin wäre. Und der Deutsche wäre zwar ihr Kollege, aber sie hätten erst seit kurzem im selben Team gearbeitet und sich nie privat gesehen. Sie wüsste von ihm nicht viel mehr als seinen Namen. Der Deutsche hätte auch den verrückten Vorschlag gemacht, die Mittagspausen draußen in der Hitze zu verbringen. Alle in der Firma hätten darüber gelacht. Der Deutsche hätte seit einem Jahr bei der Firma in Pudong gearbeitet, hieß es in dem Bericht weiter, zuvor drei Jahre in Peking für eine andere Firma. Er hinterließe seine chinesische Frau und das gemeinsame Kind. Die Polizei würde seine Leiche so bald wie möglich zur Überführung nach Deutschland freigeben. Der Leichnam wäre kein schöner Anblick, wurde ein Polizeisprecher zitiert, der Schädel des Opfers wäre nicht mehr zu rekonstruieren und sein Gesicht zusätzlich vom heißen Asphalt völlig verbrannt. Es wäre alles sehr bedauerlich. Keiner der Zeugen wäre so geistesgegenwärtig gewesen, den Täter zu filmen oder zu fotografieren. Der Mann wäre unerkannt entkommen.
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