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Das Tigerrestaurant
Von Volker Kienast
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Der britische Schriftsteller Douglas Adams hat einmal einen Science-Fiction Roman über das Restaurant am Ende des Universums geschrieben. Hier in Südsibirien kam ich mir genau so vor, aber der Reihe nach:

In dieser Region gibt es Tiger! Und das seit vielen tausend Jahren, es sind sibirische Tiger. Darauf ist die Nationalregierung so stolz, dass es einen mehrere hundert Quadratkilometer großen Nationalpark eingerichtet hat, in den niemand hinein kommt. Und das ist auch besser für alle, denn die rund dreihundert Tiere sind wilde Tiere. Das durfte ich auch mit eigenen Augen erleben. Die Südspitze des Naturschutzparks ist ein Besucherzentrum. Hier leben etwa 60 Tiere, die einmal im Jahr durchgetauscht werden, damit sie wild bleiben.

Wir fuhren mit einem Bus in das Freigehege hinein. Dies erfolgt über ein Doppeltor, erst wenn das eine geschlossen ist, öffnet sich das andere. Der Zaun ist gute sechs Meter hoch, das schaffen wohl selbst Tiger nicht. Und Kühe sowieso nicht. Warum ich an dieser Stelle ausgerechnet Kühe erwähne, wird gleich deutlich werden. Ein weiterer Bus stand dort und einige Jeeps mit besonders zahlungswilligen Gästen. Auf der großen Wiese lungerten etwa fünfzehn Tiger herum, sie kannten das folgende Programm. Der letzte Wagen, der hinzu kam, war ein kleiner LKW.

Er brachte Speisekarte und Mahlzeit gleichzeitig, denn auf der Ladefläche stand eine braune Kuh, vielleicht war es auch ein Stier, aber das registrierte ich in meinem faszinierten Schrecken nicht. In die Tiger war mittlerweile Bewegung geraten, der Satz, das man manchen zum Jagen tragen muss, traf auf sie nicht zu. Die Ladefläche des LKW hob sich und die Kuh rutschte dem Erdboden und damit ihrem Ende entgegen.

Kaum war sie unten angelangt, stürzten die Tiger auf sie zu. Den ersten Angriff überstand sie und floh wild im weiten Kreis über die Wiese. Doch letztlich hatten die Tiger ein Heimspiel, die Hatz dauerte nur wenige Sekunden und vielleicht zweihundert Meter. Dann saß der erste Tiger auf dem Rücken der Kuh und riss sie herum. Sofort waren zwei bis drei weitere da, einer verbiss sich in der Kehle der nicht mehr lange um sich tretenden Beute. Das Muhen der Kuh wurde leiser. Die anderen Tiger ließen sich gemütlich viel Zeit und trotteten heran. Wenn man schon mal da ist, kann man ja mal in den einen oder anderen Hinterlauf beißen, so sah es jedenfalls aus.

Die Kuh zuckte noch, während die Tiger die Stücke aus ihr heraus rissen. Plötzlich kam noch einmal Bewegung in die Gruppe, als die Kuh einen letzten, aber natürlich aussichtslosen Versuch unternahm und sich auf die andere Seite wälzte. Irgendwann zwischendurch sah ich die angstgeweiteten Augen der Kuh.


 
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