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Jing'an Si - von Tempeln und Konsumtempeln
Von Philipp Woitera
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Der Name des "Jing'an" steht für den Wunsch nach Ruhe und Frieden. Als im Jahre 1008 der damals genannte Yongtai Chansi in Jing'an Si umbenannt wurde, hatte der Tempel schon eine über 700 Jahre dauernde ereignisreiche Geschichte hinter sich. Immer wieder wurden die Gemäuer und Heiligtümer durch Überschwemmungen beschädigt, bis sich die Entscheidung, vom Nordufer des Suzhou Creek zum heutigen Standort umzuziehen, als glückliche erwies. Der Tempel wuchs und gedieh.

Mitte des 19. Jahrhunderts jedoch sollte es mit der ruhigen, friedlichen Zeit vorerst vorbei sein. Hatte sich China bisher der Welt verschlossen und im Sinne seiner konfuzianischen Kultur dem westlichen Einfluss verweigert, überschlugen sich plötzlich die Ereignisse. Verheerende Naturkatastrophen, explodierendes Bevölkerungswachstum und nicht zuletzt die militärischen Niederlagen gegen westliche Mächte erschütterten das Reich.

Gleichzeitig begann Shanghais Aufstieg zu einer Metropole. Als im Jahre 247, zur Zeit der Drei Reiche, der damals noch "Hudu Chongyuan" genannte Tempel gegründet wurde, ahnte wohl niemand, dass dieses Gebetshaus später an der lautesten Ecke einer 17-Millionen-Stadt stehen würde.

Doch bis dahin sollte der Jing'an Si während des Taiping Aufstands, einem der blutigsten Bürgerkriege der Menschheitsgeschichte, bis auf die Grundfesten zerstört werden. Schon zuvor mussten die Mönche ihre umliegenden Ländereien verkaufen, im aufstrebenden Shanghai dominierte das Verlangen nach Land über die Bedürfnisse weniger Mönche. Die Fläche der Tempelanlage schrumpfte schließlich von einstigen 6,6 auf nur 0,5 Hektar.

Ab 1881 wurde das Anwesen über sieben Jahre hinweg wieder aufgebaut. Doch anstatt der Erfüllung seiner ursprünglichen Bestimmung als Ort der Ruhe und des Friedens, findet die Geschichte des Jing'an Si einen zynischen Höhepunkt während der Kulturrevolution. So ereilte den Tempel nicht nur das Schicksal aller religiösen Anlagen Chinas, nämlich Verwüstungund Plünderung, sondern dienten die heiligen Hallen danach noch viele Jahre als Kunstofffabrik. Dem Spuk machte auch eine Feuersbrunst im Jahre 1972 kein Ende. Und wie Sisyphos' Felsbrocken immer und immer wieder den Abhang zurückrollt, so war auch dabei dem Tempel abermals nur restlose Zerstörung beschieden.

Erst 1983 bestätigte die Regierung Jing'an Si als wichtigsten Tempel des Landes, worauf im folgenden Jahr die Kunststofffabrik den Plänen einer erneuten Restaurierung wich. Diese war nicht unumstritten - so seien etwa die Sanierungsarbeiten nicht von Experten vorgenommen worden und wären zu sehr im Zeichen weltlicher Ästhetik und Luxus gestanden. Entsprechend ähnelt der Jing'an Si heute stilistisch eher einem südchinesischen Gebetshaus, anstatt die architektonische Schlichtheit und Eleganz typisch nordchinesischer Bauwerke auszustrahlen.


 
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